Frage der Woche: Zusammenarbeit mit Stakeholdern

Guten Morgen liebe Community!

Ihr habt das bestimmt auch schon mal erlebt, dass bspw. ein Feature nach bestem Wissen und Gewissen entwickelt wurde und dann voller Stolz und Freude in der Review vorgestellt wurde.

Leider war die Freude aber recht einseitig, denn die Stakeholder sind wenig begeistert. Da hat es im Vorwege wohl an Gesprächen zwischen Team und Stakeholdern gemangelt?

Und da dies gerade am Anfang von agilen Transformationen ein nicht seltenes Phänomen ist, kommt die neue Frage der Woche aus dem Bereich Kollaboration.

Welche Möglichkeiten hat ein Team, den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Stakeholdern zu verbessern?

Was sind bei euch gut funktionierende Rituale, die das Team mit den Stakeholdern an einem Strang ziehen lässt?

Ich bin gespannt auf die Kreativität eurer Teams und freue mich auf den Austausch.

Liebe Grüße,
Tim

Die meisten Teams, die ich kennengelernt habe, haben keine besonders spannenden Ideen entwickelt, ihre Stakeholder zu involvieren und tun sich auch bei den Reviews schwer. Ich bin aber ebenfalls nicht viel besser, auch wenn ich zu Reviews immer kleine Gummibärchentüten, Mini-Schoko-Täfelchen oder Ähnliches mitbringe und sie an die Sitzplätze lege. Was schlecht ist, wenn ich mal nicht da bin, dann wird der Erwartungshorizont der Teilnehmer gleich zu Anfang enttäuscht :wink:

Bei einem Team habe ich mal etwas gesehen, was eigentlich ursprünglich einen ganz anderen Zweck hatte, sich jedoch zu einem echten Glücksfall entwickelt hat.
Das Team hat einen Kiosk betrieben. Das waren zwei Regale mit Süssigkeiten und Snacks sowie ein Kühlschrank mit Kaltgetränken und Eis. Der Kiosk war 24/7 für alle Mitarbeiter zugänglich, die Preise waren sehr moderat und bezahlt wurde auf Vertrauensbasis (Spardose, Strichliste, QR-Überweisung). Hier haben die Entwickler sich ihren Zuckerflash vorwiegend in Form von Riegeln & Co oder Red Bulls geholt. Das hat ihnen sehr viel Zeit (Gang zum Supermarkt) und Geld (an kostspieligen Automaten) gespart. Alle zwei Wochen sind zwei Teammitglieder auf dem Weg zur Arbeit noch in den Grossmarkt gefahren und haben wieder aufgefüllt. Was hat das jetzt aber mit Stakeholder Management zu tun? Direkt nichts, aber dieser Kiosk hat auch die Entwickler anderer Teams angezogen und je bekannter er wurde auch viele aus dem Fach (Produktmanager, Linienverantwortliche und auch mindestens ein Vorstand war Kunde, was an seiner Mitarbeiternummer auf der Strichliste erkennbar war). Die Leute kamen also gerne mal in Person vorbei und wenn sie schon mal da waren, haben sie auch noch schnell mal das eine oder andere besprochen. Das Team wurde sehr positiv wahrgenommen, und bekam viel positives Feedback für den Kiosk. Es gab auch immer gleich einen netten Gesprächseinstieg für neue Stakeholder, die das Team besuchten, wenn sie eine kleine Einführung in den Kiosk und die Zahlungsmöglichkeiten bekamen.
Die Überschüsse wurden für Events wie den Eiertitsch-Wettbewerb zu Ostern, das Oktoberfest mit Weisswurstessen oder den Weihnachtskaffee mit Dresdner Stollen verwendet. Eingeladen wurden dazu andere Entwicklerteams, mit denen man zu tun hatte, aber auch andere Stakeholder. Es gab nicht weniger inhaltliche Probleme, aber die Grundstimmung, mit der man sich begegnet ist, war einfach viel positiver.

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Coole Story, Stuart! “Zuckersucht” meets Benjamin Franklin Effekt und es muss nicht immer die berühmte Tasse Bier sein.

Da merkt man kurz und knapp, wie wichtig es ist, unabhängig von den Scrum-Events, bei denen man als Team fachlich auf die Stakeholder trifft, eine persönliche Basis zwischen Team und Stakeholdern aufzubauen, die dann auch Möglichkeiten für “informelle” fachliche Gespräche ermöglicht. Eine Art Teambuilding, wobei die Stakeholder Teil des Teams sind.

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(Gutes) Stakeholdermanagement ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten und unterschätzten Kompetenzen im ganzen Gefüge.

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@stuarth ich entnehme deinem tollen Beispiel, dass Stakeholder und Entwickler räumlich nicht weit voneinander arbeiten, so dass Nähe sowohl bei Reviews als auch mal so möglich ist.
Hast du Tipps, wie eine Nähe im virtuellen hergestellt werden könnte?
Ich habe ein virtuelles Team und die Stakeholder haben wir alle bis auf der PO noch nie persönlich getroffen, sondern immer nur vor der Kamera.

Ja, die räumliche Nähe ist schon sehr wertvoll, wenn sie denn gelebt wird. Ich habe auch Projekte erlebt, bei denen bereits die Wand zwischen zwei nebeneinander liegenden Büros praktisch unüberwindbar schien. Reine Remote-Meetings vielleicht noch mit unterschiedlichen Kulturkreisen sind hier eine ganz andere Herausforderung.
Ich nehme mal Reviews als Basis für die “Stakeholder-Arbeit”, weil hier das Team den Lead hat und die Agenda gestalten kann.
Phase 1: Das Team startet neu und muss eine plausible Antwort auf die Frage finden/geben, warum das Feedback bzw. die Kommunikation mit den Stakeholdern so essenziell ist. Hier kann z.B. ein Spiel gute Dienste leisten (in Umfeldern, in denen Spiele als unprofessionell gelten, nennen wir es Simulation). Mit den beiden Spielen “Frühstückstoast” und “Product Owner Challenge” lässt sich immer sehr eindrücklich vermitteln, wie unterschiedlich das Verständnis von dem sein kann, was da gerade so “eindeutig” beschrieben wurde bzw. dass ein Begriff nicht für jeden das Gleiche bedeutet.
Man kann das Momentum der gerade gemachten Spielerfahrung der Teilnehmer nutzen und ihnen vermitteln, dass die Zusammenarbeit viel einfacher ist, wenn man sich gegenseitig besser kennt und man ein gemeinsames und gegenseitiges Verständnis aufbauen kann.
Phase 2: “Das Teambuilding”
Im Grunde hat die Zusammenarbeit mit Stakeholder sehr viel von Teamwork. Das Team ist grösser und man kommt seltener zusammen, aber die Mechanismen, wenn man so will, die Gruppendynamiken sind gut vergleichbar. Beim Check-in zum Review mache ich daher auch wieder sehr gerne Spiele. Diese haben zwei Effekte.

  1. Die Teilnehmer werden für das eigentliche Review etwas aufgelockert
  2. Die Teilnehmer lernen sich besser kennen

Es liegt daher nahe, mindestens am Anfang einige Male ausschliesslich Kennenlernspiele zu machen. Oft überrascht es die Teilnehmer, wie viele Gemeinsamkeiten sie doch haben. Aber auch Teilnehmer aus unterschiedlichen Kulturkreisen können gegenseitiges Interesse entwickeln.
Ich erinnere mich noch gut an einen britischen Produktmanager und einen indischen Leadentwickler, die regelmässig als Erste in den Videokonferenzen waren, weil sie sich noch leidenschaftlich über Cricket austauschen mussten. In einem anderen Team waren es eine Product Ownerin aus dem Wallis und eine Business Analystin aus Kerala, die Fotos ihrer Bergtouren und Rezepte ausgetauscht haben. Leider haben wir es nie geschafft, dass die beiden mal zusammen für das Team kochen. Naja, man kann nicht alles haben. :sunglasses: