Frage der Woche: Nein ist das neue Ja - Wie sagt ihr NEIN, zu euren Stakeholdern?

NEIN sagen, sollte doch gar nicht so schwer sein. Sind doch nur 4 Buchstaben Zwinkern ;).
Natürlich ist es das nicht! Daher gibt es inzwischen auch einen ganzen Schwung Bücher, die sich genau mit diesem Thema beschäftigen.

Wie z. B. das hier:

Aber als Product Owner, ist das ein sehr relevanter Part der Arbeit:

Zu vielen Dingen NEIN sagen, um in der Lage zu sein, zu den entscheidenden Dingen JA sagen zu können.

Wie sagt ihr NEIN, zu euren Stakeholdern?

Ich bin zwar kein Product Owner, sondern Scrum Master, dennoch helfe ich meinen POs dabei Nein sagen zu lernen. Nein sagen bedeutet für mich priorisieren von dem was wichtig ist.
Was ich meinen POs beibringe ist folgendes:
Wenn ein Stakeholder ankommt und ein Thema einkippen möchte, dann prüfe ich, die Wichtigkeit und den Mehrwert für unsere Kunden, die das neue Thema bringt.
Ist es nicht wichtiger als das was wir bereits tun, dann wird es nicht eher gemacht, ehe die aktuellen Themen bearbeitet sind. Um ihn in in etwa eine Vorhersage machen zu können, wann wir das Thema beginnen könnten, nutzen wir Kapazitätspläne oder diverse Forecasting Methoden. Sollte der Stakeholder das Thema trotzdem sofort haben, dann muss ein Tradeoff erfolgen, sprich ein anderes fällt “hinunter” und verschoben auf einen späteren Zeitpunkt.

Tatsächlich kein einfaches Thema. Ich sehe es wie @manueloffermann: wir prüfen die Wichtigkeit der genannten Dinge, versuchen Aufwand und Kundennutzen gegen die aktuellen Themen zu bewerten und zu vergleichen. Auch Kundenumfragen ziehe ich dafür zu Rate.

Wenn ich nein sage, dann gebe ich eine klare Begründung, warum ich das so sehe mit möglichst guten Belegen. Am Ende stelle ich meistens die Frage, ob die Anforderung mehr wert als die aktuellen und geplanten Themen haben, so dass wir diese zurückstellen und entsprechend später ausliefern würden.
Insbesondere bei Uneinigkeit hilft das sehr, so lange ich klar vertrete, dass mein Team nicht mehr Anforderungen gleichzeitig umsetzen kann.

Wenn alle Argumente nichts helfen, und Stakeholder sowie Geschäftsführer die Anforderungen durchkriegen wollen, dann schaue ich wie ich es einbauen kann, mit klarer Kommunikation (zusätzlich schriftlich), was aus diesen Gründen nicht bearbeitet wird und somit später beim Kunden eintritt.

Der für mich entscheidende Hinweis verbirgt sich in der Frage:
“zu den entscheidenden Dingen JA sagen”.

Wenn wir als Organisation ein gemeinsames Verständnis haben, was die “entscheidenden Dinge” sind, ist es viel einfacher zu den anderen Dingen “NEIN” zu sagen.

→ Was ist unsere Vision, Mission, Nordstern? Wie ist unser Geschäftsmodell? Wer ist unsere Zielgruppe, wie hilft unser Produkt/Service denen bei welchen “Jobs to be done”? Was ist eis, das wir als nächstes erreichen wollen, um den strategischen Zielen näher zu kommen?

Wenn das klar ist, kann ich immer wieder mir und anderen die Frage stellen “wie zahlt das auf unsere Ziele ein?” und wenn die Antwort “nicht so richtig” ist, kann ich auch fragen “wollen wir unsere Ziele ändern?”.

Und so sagen dann am Ende oft die Stakeholder “Nein” und “nein”.

Oft fehlt es Stakeholdern auch einfach an Hintergrundwissen, was Priorisierung, langfristige Zielsetzung, Abhängigkeiten und Aufwand in Bezug auf das Produkt angeht.

Sprich, mit diesem Verständnis würden (manche) Stakeholder ihre Wünsche selbst anders adressieren.

Plus: Wenn ich als PO „NEIN“ sage, ist das nichts Schlechtes, sondern etwas Gutes!
Wenn es aber um meine ganz persönlichen Herzenswünsche als Stakeholder geht, sehe ich das natürlich anders. Und dann ist es mit dem Produkt-Altruismus auch schnell vorbei :grin:

“And it comes from saying no to 1,000 things to make sure we don’t get on the wrong track or try to do too much. We’re always thinking about new markets we could enter, but it’s only by saying no that you can concentrate on the things that are really important.”

Steve Jobs